vom sattler-tapezierer zum architekt
Von väterlicher Seite her war es Tradition, dass jeder Knabe ein Handwerk zu erlernen hatte. So wandte sich Gustav Ritschard wie sein älterer Bruder Alfred dem Sattler-Tapeziererberuf zu, von dem aus er sich später schrittweise in Richtung Architektur weiterbildete. Mit 23 Jahren absolvierte er die Meisterprüfung und erhielt den Fachlehrerausweis, womit er in der Lage war, an den Lehrwerkstätten Bern im Auftrag des Tapezierermeister-Verbandes an Weiterbildungskursen Zeichenunterricht zu erteilen.
Die Ausbildung zum Innenarchitekten erfolgte 1933 bis 1935 an der Fachschule für Tapezierer und Innenarchitekten in Frankfurt a.M., wobei die historische Bautechnik und Hauskunde nebst dem Zeichnen seine bevorzugten Fächer waren. Dieser Werdegang hat das Schaffen Ritschards geprägt. Die Liebe zum Detail, die handwerkliche Fertigkeit sind wesentliche Merkmale seiner architektonischen Arbeiten. Der Baustoff Holz und der Naturstein sind die bevorzugten Materialien, das Chalet bildet die vorherrschende Bauform.
Verschiedentlich wurden von ihm Teile aus alten, abgebrochenen Häusern in seinen Gebäuden original eingebaut und mit Neuem vermischt. Bei ihm gab es bei der Weiterverwendung alter Bausubstanz immer auch neue schöpferische Möglichkeiten.
Unter den ausgeführten Bauten ist an erster Stelle die «Alte Taverne» in Adelboden zu nennen, eine Zusatzbaute zum Hotel Nevada-Palace, die im Dezember 1958 als Gastronomie- und Unterhaltungszentrum eröffnet worden war und u.a. drei Jahre später in der Presse gepriesen wurde als «Haus, in dem sich überlieferte Holzbaukunst, reizvoll gestaltete Stimmung und gemütliche Gastlichkeit neuzeitlicher Art die Hände reichen; die Alte Taverne ist nicht umsonst ein Rendez-vous geworden, dessen Name beinahe zu einem Symbol für die ganze Talschaft geworden ist.»
Als weitere Bauten im gleichen Stil folgten das Hotel Alte Post in Weissenburg, das Restaurant Chlösterli in Gstaad, das Landhaus Manor Farm in Unterseen.
Ferner können u.a. folgende Realisierungen erwähnt werden:
In späteren Jahren konzentrierte sich das Schaffen Ritschards zunehmend auf das Schweizerische Freilichtmuseum Ballenberg und auf die betriebseigenen Bauten in der Manor Farm und im Neuhaus. Am Rande sei noch erwähnt, dass der Vorschlag und das Projekt für die behelfsmässige Schaffung eines Stadttors anlässlich der 700-Jahr-Feier von Unterseen im Jahr 1979 von Gustav Ritschard stammten. Er half auch eigenhändig bei dessen Erstellung mit und – wie könnte es anders gewesen sein – bei dessen origineller Eröffnungszeremonie (nach altem Brauch der Handwerker). Eigentlich als kurzlebiges Provisorium gedacht, blieb dieses Tor noch während Jahren stehen.
Links:
https://alte-taverne.ch